Periodisch überflutete Röhrichte und andere Helophyten-Verbände fließender Gewässer (Phalaridion, Glycerio-Sparganion, Phragmition z.T.)
Pflanzensoziologie: Der Lebensraum umschließt die Röhrichte der Ufer von Flüssen oder Bächen. Zu diesen gehören, neben dem Phragmition communis, auch die Verbände Glycerio-Sparganion (an Fließgewässern mit häufigen und rapiden Schwankungen des Wasserstandes) und Phalaridion arundinaceae (bei periodischen Überflutungen und hoher Eutrophierung) aus der Ordnung Nasturtio-Glycerietalia.
Beschreibung
Vegetation bestehend aus hohen Sumpfgräsern, die oft Stadien der voranschreitenden Verlandung darstellen und beträchtliche Wasserstand-Schwankungen aushalten.
Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen
Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.
Verbreitung
Weitreichende, sub-kosmopolitische Verbreitung. In Südtirol gedeihen die Fließwasserröhrichte von der Talsohle bis hinauf auf ca. 1500 m.
Ökologie
Der Lebensraum umschließt hochwüchsige Röhrichte, die sich an den Ufern von Flüssen oder Bächen mit zumindest langsam fließendem Wasser ausbilden. Er besteht aus leicht kalkliebenden Gesellschaften der gemäßigten Zone, die meso- bis deutlich eutrophe Gewässerstandorte besiedeln. Sie vertragen sowohl das Trockenfallen im Sommer als auch Überschwemmungen. An stärker eutrophierten Standorten finden sich oft stickstoffliebende Arten, die Degradierungszeiger, z. T. aber auch gesellschaftstypisch sein können.
Typische Pflanzenarten
Typische Arten | Artname Deutsch | Dominante Arten | Charakteristische Arten | Arten der Roten Liste Südtirols | Geschützte Arten (Naturschutzgesetz) | Anmerkungen |
Glyceria fluitans | Schwadengras | x | NT | |||
Glyceria notata | Falt-Schwadengras | x | ||||
Phalaris arundinacea | Rohr-Glanzgras | x | ||||
Phragmites australis | Gewöhnliches Schilf | x | ||||
Calamagrostis canescens | Moor-Reitgras | x | RE ve | mittlerweile verschollen | ||
Leersia oryzoides | Europäische Reisquecke | x | EN | |||
Sparganium erectum | Ästiger Igelkolben | x | NT | x | ||
Berula erecta | Gewöhnliche Berle | NT | ||||
Helosciadium nodiflorum | Knotenblütiger Sumpfschirm | CR | x | |||
Nasturtium officinale agg. | Artengruppe Echte Brunnenkresse | NT |
Oft kommt nur eine der Leitarten vor, die dann meist dominant ist.
Biologische Wertigkeit
Da alle Wasser- und Uferlebensräume wichtig für viele Insekten sind, haben auch die Fließwasserröhrichte einen beachtlichen ökologischen Wert. Manchmal finden sich hier floristische Seltenheiten (z. B. Calamagrostis canescens; mittlerweile verschollen) und es können sich als Folge der natürlichen Sukzession auch Mikrohabitate herausbilden, die zur Biodiversität und Strukturierung des Lebensraumes beitragen.
Funktion des Lebensraumes
Die Fließwasserröhrichte unterliegen einer besonderen Dynamik und haben eine Filterfunktion zwischen den aquatischen und den terrestrischen Lebensräumen. Zudem tragen sie wesentlich zur Stabilität und Funktionalität des Ökosystems bei. In der Vergangenheit wurden die Bestände mancherorts gemäht und als Einstreu für die Tierhaltung verwendet.
Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen
Bei signifikanter Präsenz von Phragmites kommt es häufig zu Mosaik-Bildungen und Überschneidungen mit anderen Lebensräumen, etwa den Großseggenrieden. Die Zeigerarten sind an Fließgewässern klar, in den übrigen Standorten muss jedoch die gesamte Situation (Strukturierung, physische Beschaffenheit des Standortes) betrachtet werden.
Entwicklungstendenzen und Gefährdung
Es handelt sich um Gesellschaften, die naturgemäß der Flussdynamik (z. B. Schwankungen in der Wasserführung) unterworfen sind. Durch Hochwasser können sie stark dezimiert werden, können aber bald wieder neue Standorte besiedeln. Starken Einfluss auf ihre Stabilität haben auch jene anthropogenen Eingriffe, welche den Pegelstand beeinflussen.
Pflege und Naturschutz
Wie bei fast allen Lebensräumen der Seen und Flüsse handelt es sich um sensible Habitate. Die Auswirkungen von angrenzenden Intensivkulturen zeigen sich in Form von Degradierung und dem massiven Auftreten von stickstoffertragenden und oft auch gebietsfremden Arten. In der Tat sind Neophyten (nicht einheimische, rezent eingebürgerte Arten) häufig anzutreffen. Beträchtliche Störungen entstehen durch Biotop-Zerstückelung. Diese kann durch Freizeit-Aktivitäten, aber auch durch Schotterentnahmen aus Kiesbänken verursacht werden. Die beste Erhaltungsmaßnahme besteht darin, gut erhaltene Abschnitte ihrer natürlichen Entwicklung zu überlassen. Kontinuierliche Eingriffe an Kiesbänken gilt es zu vermeiden. Einige Gesellschaften vertragen leichte Trittschäden und werden durch Uferpflege-Maßnahmen, wie z. B. das Entfernen von Gehölzen und Mahd, gefördert – sofern diese nicht zu häufig erfolgen.
Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.
MM
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