Magere (nährstoffarme) Feuchtwiesen mit Molinia caerulea (Molinion)

Pflanzensoziologie: Dieses Habitat deckt sich mit dem Verband Molinion caeruleae.

Beschreibung

Vegetation ausdauernder Pflanzen bestehend aus den robusten Horsten des Pfeifengrases und aus kleinwüchsigeren Pflanzen. Es handelt sich um ungedüngte Wiesen mit traditioneller Bewirtschaftung, die typischerweise von den Niederungen bis in die Hochebenen vorkommen. Eine regelmäßige Mahd ist für deren Erhalt notwendig.

Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen

Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.

Verbreitung

Dieser Lebensraum ist vor allem in Mitteleuropa verbreitet und kam früher von den Talniederungen bis hinauf in die montane Stufe vor. Heute ist er durch die Intensivierung der Wiesen-Bewirtschaftung zur Futtergewinnung immer seltener geworden. Reststreifen sind in geschützten Bereichen in höheren Lagen erhalten, in Mosaiken aus Wiesen und torfigen Stellen, die noch immer regelmäßig gemäht werden.

Ökologie

Pfeifengraswiesen sind mager (arm an Nährstoffen, aber nicht an organischer Substanz) und feucht (nicht torfig, weil der Grundwasserspiegel schwankt). Sie bedürfen der Mahd, damit die Weiterentwicklung zu gehölzreichen Beständen unterbunden werden kann. Ideale Bedingungen finden sich in Mulden, Ebenen, Vertiefungen, oder auch in leicht geneigten Hängen mit tonigen Böden, die das Wasser halten können.

Typische Pflanzenarten

Typische Arten Artname Deutsch Dominante Arten Charakteristische   Arten Arten der Roten   Liste Südtirols Geschützte Arten (Naturschutzgesetz) Anmerkungen
Molinia caerulea (s.str.) Blaues Pfeifengras x        
Juncus conglomeratus Knäuel-Simse x        
Juncus effusus Flatter-Simse x        
Succisa pratensis Gewöhnlicher Teufelsabbiss x        
Carex tomentosa Filz-Segge   x NT    
Festuca trichophylla Sumpf-Schwingel   x EN    
Gentiana asclepiadea Schwalbenwurz-Enzian   x   x  
Gentiana pneumonanthe Lungen-Enzian   x CR x  
Iris sibirica Sibirische Schwertlilie   x CR x  
Laserpitium prutenicum Preußisches Laserkraut   x EN    
Lathyrus palustris Sumpf-Platterbse   x CR    
Lotus maritimus Spargelklee   x NT    
Ophioglossum vulgatum Gewöhnliche Natternzunge   x CR x  
Scorzonera humilis Niedrige Schwarzwurz   x      
Selinum carvifolia Kümmel-Silge   x NT    
Serratula tinctoria Färber-Scharte   x      
Inula salicina Weiden-Alant     EN    

Oft kommt nur eine der Leitarten vor, die dann meist dominant ist.

Biologische Wertigkeit

Lebensraum mit beachtlichem ökologischen Wert, besonders weil diese mageren und feuchten Wiesen immer seltener werden. Dieser Lebensraum beherbergt viele besondere Gefäßpflanzen-Arten und eine reiche Invertebraten-Fauna.

Funktion des Lebensraumes

Der Futterwert der Pfeifengraswiesen ist nicht besonders hoch, trägt aber zur Vielfalt der Rindernahrung bei. Bedeutend ist auch der landschaftliche Wert der Pfeifengraswiesen, der ihre naturkundliche Bedeutung noch verstärkt.

Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen

Viele charakteristische Arten dieser Wiesen sind selten geworden und gebietsweise sogar ausgestorben. Dies macht es nicht immer leicht, die echten mageren Pfeifengraswiesen von gedüngten Feuchtwiesen zu unterscheiden. Letztere sind in Wirklichkeit verarmte Formen feuchter und eher magerer Glatthaferwiesen. Die dominanten Leitarten erlauben es aber den Lebensraum korrekt anzusprechen. In der montanen Stufe, dort wo die traditionelle extensive Beweidung noch verbreitet ist, trifft man auf ein Mosaik aus Arten der Pfeifengraswiesen und jenen der Zwischenmoore — sowohl der kalkliebenden als auch der azidophilen. Hier ist eine genaue Abgrenzung schwieriger.

Entwicklungstendenzen und Gefährdung

Wie für alle Wiesen unterhalb der potentiellen Waldgrenze gilt auch hier, dass es bei fehlender Mahd (mindestens einmal alle zwei Jahre) schnell zur Ausbreitung von Gehölzpflanzen kommt. Besonders an den fetteren Standorten dringen vor allem die Asch-Weide, die Schwarz-Erle und die Gemeine Esche von den Randbereichen her ein. Düngung fördert die Arten der Glatthaferwiesen und bei fehlender Mahd breiten sich auf frischeren und nährstoffreichen Flächen Hochstauden wie Filipendula ulmaria aus.

Pflege und Naturschutz

Diese nunmehr seltenen Feuchtwiesen verlangen unsere besondere Aufmerksamkeit, wollen wir ihrem völligen Verschwinden entgegenwirken. Die Erhaltung der Grasfläche kann durch ein extensives Beweidungssystem erzielt werden. Bei unzureichendem Ergebnis sollten, zumindest in Natura-2000-Gebieten und geschützten Biotopen, jedes zweite Jahr Erhaltungsschnitte durchgeführt werden. Pflegeprämien sind eine wirksame Erhaltungsmaßnahme, sollten aber nicht für intensiv gedüngte Flächen ausbezahlt werden. Wo schön ausgebildete Pfeifengraswiesen von intensiv bewirtschafteten landwirtschaftlichen Nutzflächen umgeben sind, sollten Einträge von eutrophierenden (Mineral-)Düngern sowie von Pflanzenschutzmitteln verhindert werden.

Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.

MM