Synanthrope Wälder (einschließlich Robinienwälder und Aufforstungen)

Pflanzensoziologie: Dieser Lebensraumtyp umschließt alle Waldlebensräume, die entweder unmittelbar synanthrop (Aufforstungen) sind oder vornehmlich aus exotischen Gehölzen zusammengesetzt sind. Einigen davon kann ein gewisser naturkundlicher Wert zugesprochen werden. Abgesehen von künstlichen Aufforstungen, die ganz klar als solche erkennbar sind, stellen die Kastanienhaine und die weit verbreiteten und oft mit anderen Laubwald- oder seltener Nadelwaldarten (Vinschgau) vermischten Robinienbestände eigenständige Pflanzengesellschaften dar. Die Kastanienwälder lassen sich Gesellschaften der Quercetalia roboris zuordnen, im Speziellen den Trauben-Eichenwäldern.

Beschreibung

Die physiognomisch-strukturellen Besonderheiten der einzelnen hier behandelten Wald-Typen sind sehr unterschiedlich und lassen sich kaum zusammenfassen. Neben Hoch- und Niederwäldern unterschiedlicher Dichte gibt es kultivierte Kastanienhaine mit sehr ausladenden Kronen, die reichlich Licht durchlassen.

Übereinstimmung mit anderen Klassifizierungssystemen

Natura 2000, Checkliste der Lebensräume Südtirols, Corine, EUNIS.

Verbreitung

Die Kastanienwälder kommen hauptsächlich über Silikat in geschützten und relativ warmen Lagen (im südlichen Teil der Provinz) bis auf knapp 1300 Höhenmeter vor. Die Robinie hat zwar eine analoge Höhenverbreitung, dringt aber bis in die inneren kontinentalen Täler vor. Noch thermophiler ist der Götterbaum, der ehemalige Trockenrasen besiedelt und in der montanen Stufe zur Gänze fehlt.

Ökologie

Die Kastanienwälder verlangen frisch-feuchtes, nicht zu trockenes Klima. Überdies vermeidet die Kastanie allzu kalte Gebiete und bevorzugt saure Böden, auch wenn diese mager und nährstoffarm sind. Die Robinie, andererseits, ist anspruchsvoller, was die Nährstoffversorgung angeht und in frischen oder feuchten Zonen konkurrenzstärker. In trockeneren Gebieten besiedelt sie feuchte Mulden und zieht aus der Bewässerungen und der Bewirtschaftung angrenzender Wiesen und Weiden ihren Vorteil. Die weitreichenden Schwarz-Föhren-Forste im Vinschgau schlagen sich stark auf das Landschaftsbild nieder und sind gleichzeitig von waldwirtschaftlichem Interesse. Die Fichten- und/oder Lärchenforste der montanen Stufe erreichen bereits einen recht hohen Natürlichkeitsgrad.

Biologische Wertigkeit

Den Kastanienwäldern sowie den gemischten Robinienbeständen kann ein gewisser biologischer Wert zugesprochen werden, weil sie in floristischer und phytogeographischer Hinsicht interessante Arten enthalten können. In einer sehr anthropogen geprägten Umwelt stellen sie überdies eine Nahrungsquelle und einen Zufluchtsort für verschiedene Arten dar und sichern so den Fortbestand des Ökosystems. Andere Aufforstungstypen hingegen haben keinen erwähnenswerten biologischen Wert. Zu den Schwarz-Föhren-Forsten gibt es diesbezüglich mehrere wissenschaftliche Arbeiten.

Funktion des Lebensraumes

Besonders für Familienbetriebe stellt die Produktion von Esskastanien eine interessante Nische dar. Hinzu kommt die traditionelle Nutzung der Kastanien als Bauholz. Die Robinie findet als Säulenholz Verwendung. Es muss aber bekräftigt werden, dass Robinienbestände aus naturkundlicher Sicht kaum erwünscht sind, ebensowenig wie Aufforstungen, die überdies nur selten qualitativ hochwertiges Holz liefern.

Unterscheidung von ähnlichen Lebensräumen

Die Kastanienwälder, die in Vergangenheit durch den Menschen gefördert wurden, werden mit den Eichen-reichen, gemischten Laubwäldern zugeordnet. Ihre fachgerechte Interpretation setzt eine genaue Kenntnis der Nutzungsgeschichte voraus. Bei den Robinienbeständen sollte das Potential des Standortes aus der floristischen Zusammensetzung der Krautschicht erkenntlich sein, außer es handelt sich um stärker degradierte Bestände mit Holunder und Brombeeren.

Entwicklungstendenzen und Gefährdung

Die Dynamik der einzelnen Waldtypen hängt von jeweiligen Bewirtschaftung ab. Um Robiniebestände wieder in naturnähere Bestände zu überführen, muss man sie altern lassen und damit einer natürlichen Sukzession  unterwerfen.

Pflege und Naturschutz

Prinzipiell sollte eine Rückführung in naturnähere Waldbestände angestrebt werden. Davon kann aber aus verschiedenen Gründen abgewichen werden, etwa aufgrund der Anwesenheit von besonderen Tier- und Pflanzenarten, um weitere Störungen zu vermeiden, oder um Pflanzungen von kulturgeschichtlichem Interesse zu erhalten.

Lasen C., 2017 – Beschreibung der Lebensräume Südtirols. Autonome Provinz Bozen-Südtirol, Abteilung Natur, Landschaft und Raumentwicklung.

MM

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